Fotografen und ihre Locations sind manchmal ein schwieriges Thema. Denn eigentlich ist man als Fotograf permanent auf der Suche nach neuen, am besten total abgefahrenen Locations. Andererseits sind andere Fotografen und Fotografinnen in dieser Hinsicht oftmals sehr sparsam mit Tipps und betrachten „ihre“ Locations gerne als Geheimnis, das es um jeden Preis zu bewahren gilt.
Einerseits kann ich dieses Verhalten verstehen, denn sobald ein bis dahin unbekannter Spot eine gewisse Popularität genießt, kann es mit dem ungestörten Fotografieren dort sehr schnell vorbei sein. Zudem besteht auch immer die Gefahr, dass einige unterbelichtete Honks den Ort für etwas anderes als das Fotografieren nutzen und er danach nicht mehr so aussieht vor vorher. Vor allem bei Lost Places kommt dies häufiger vor, weswegen ein wenig Vorsicht in diesem Fall unbedingt angebracht ist. Andererseits sind wir doch alle froh um jeden hilfreichen Hinweis, wenn man beispielsweise eine konkrete Bildidee im Kopf hat, aber die passende Location fehlt, um diese Idee umzusetzen.
Location-Tipps für spontane Fotoideen
Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht etwas naiv und altmodisch, aber ich halte die Idee des Teilens von Ideen und Wissen im Internet immer noch für eine gute. Denn das WWW wurde schließlich ursprünglich für diesen Zweck erfunden und nicht für das Verbreiten von Hasskommentaren, Katzenvideos und Badezimmerselfies. Egal, wie dem auch sei: Ich stelle Euch hier einfach mal ein paar Locations in und um Köln vor, die eigentlich immer gehen. Es sind zwar absolut keine Geheimtipps und sie werden den meisten Menschen, die regelmäßig fotografisch in der Region unterwegs sind, vielleicht auch schon bekannt sein.
Aber es gibt ja nicht nur die Leute, die sich mehr oder weniger professionell mit der Fotografie beschäftigen. Sondern auch viele, die einfach mal spontan mit Freund oder Freundin losziehen wollen, um ein paar schöne Fotos zu machen – und denen Onkel Jochens Schrebergarten oder der Bahndamm hinterm Haus irgendwann langweilig werden. Genau für Euch sind diese Tipps gedacht, ausgefallenere und speziellere Locations folgen dann in einem späteren Post.
Alle hier vorgestellten Locations sind öffentlich zugänglich und fast alle sind gut mit dem Auto erreichbar. Das hat natürlich den charmanten Vorteil, dass Ihr Euch dort frei bewegen könnt und keine Angst haben müsst, von ein paar netten Menschen in Uniform vertrieben zu werden. (Disclaimer: Selbstverständlich nutze ich selbst nur Locations, die frei zugänglich sind, bzw. besorge mir gegebenenfalls im Vorfeld die nötige Erlaubnis. Locations, die nicht auf legalem Wege betreten werden können, werde ich natürlich auch nicht posten und ich kann nur davon abraten, diese zu nutzen. Das dazu.)
Abwechslung inspiriert
Die öffentliche Zugänglichkeit und gute Erreichbarkeit haben natürlich auch Nachteile: Zum einen seid Ihr dort eigentlich nie alleine. Es sind oft beliebte Ausflugsziele für erholungsbedürftige Kölner und daher vor allem bei schönem Wetter entsprechend belebt. Wer also beim Fotografieren nicht gerne beobachtet wird, könnte sich dort eher unwohl fühlen. (Dass diese Locations für Freunde gewisser Fotogenres dementsprechend ungeeignet sind, versteht sich dann auch von selbst.) Manche Locations sind aber so weitläufig, dass man eigentlich immer ein ruhiges Plätzchen finden kann. Lest Euch einfach die Beschreibungen zu den einzelnen Locations durch, dann bekommt Ihr schon einen Eindruck davon, was geht und was nicht.
Zwar wird die Bedeutung der Location oftmals, gerade für klassische Portraitaufnahmen, etwas überschätzt, da gerne ohnehin die Blende bis zum Anschlag aufgemacht wird (Stichwort „Blende offen und hoffen“), wodurch von der Umgebung ohnehin nicht mehr viel zu erkennen ist. Trotzdem kann eine neue Fotolocation durchaus inspirierend wirken und sowohl für Model als auch Fotograf*in eine willkommene Abwechslung darstellen. Und wenn es dort nett ist, kann man das Fotoshooting ja auch gleich mit einem kleinen Spaziergang verbinden. Klingt doch gut, oder?
Darum geht’s jetzt auch endlich los, mit meinen 7 Locations für spontane Fotoshootings. (Die Reihenfolge ist übrigens zufällig und stellt keine Rangfolge dar.) Ich habe keine eigenen Fotos eingefügt, denn wenn Ihr auf die Google-Maps-Karte klickt und dort die Photo Sphere aktiviert, findet Ihr jede Menge Bilder, die Euch einen guten Eindruck vermitteln.
Achso, eine letzte Bemerkung noch: Spots wie den Rheinboulevard oder die Hohenzollernbrücke habe ich mal weggelassen. Die kennt nun wirklich jeder, der mal einen halben Tag in Köln verbracht hat…
#1: Forstbotanischer Garten und Friedenswald
Der Forstbotanische Garten umfasst ein 25 Hektar großes Gelände innerhalb des Kölner Grüngürtels. Es handelt sich um einen sehr vielfältigen Park mit vielen versteckten Ecken und verzweigtem Wegenetz. Ihr findet dort sowohl Wald als auch offenere Bereiche sowie Treppen, Mauern und schmale, geschwungene Pfade.
Daran anschließend befindet sich der nochmal viel größere Friedenswald, der neben teilweise exotischen Baumarten auch riesengroße freie Wiesenflächen bietet.
Um das ganze Gelände zu erkunden, muss man schon einigermaßen gut zu Fuß sein. An interessantesten und abwechslungsreichsten ist auf jeden Fall der Forstbotanische Garten, der allerdings abends abgeschlossen wird (Öffnungszeiten beachten).
#2 Carlswerk Mühlheim
Das Carlswerk in Köln Mühlheim ist ein ehemaliges Werksgelände, das seit 2007 zu einem neuen Stadtquartier umgestaltet wird. Dabei wurde ein Großteil der ursprünglichen Gebäude erhalten, die eine ansprechende Kulisse bilden. Mittlerweile haben sich dort unter anderem eine Boulderhalle, Fersehstudios, diverse Büros bekannter Firmen sowie junger Start-Ups und einige Gastronomiebetriebe angesiedelt. Auch befindet sich dort die Ausweichspielstätte des Schauspiel Köln.
Obwohl die Gebäude genutzt werden, hat sich das Gelände noch genügend Atmosphäre der ursprünglichen Werksanlage erhalten und ist nicht zu aufgeräumt, so dass sich leicht überall noch interessante Ecken finden lassen.
Sehr zu empfehlen ist übrigens, nach dem Fotografieren den Besuch des Carlswerks im Offenbach am Carlsgarten ausklingen zu lassen…
Parken könnt Ihr entweder im Parkhaus auf dem Gelände oder in den angrenzenden Straßen drumherum.
#3 Mülheimer Hafen und Mülheimer Insel
Nicht weit vom Carlswerk entfernt findet Ihr am Mülheimer Hafen eine weitere reizvolle und abwechslungsreiche Location. Ihr parkt einfach irgendwo in der Hafenstraße, am besten auf Höhe der Katzenbuckelbrücke. Auf dem Weg dorthin kommt Ihr bereits an einigen schick abgeranzten ehemaligen Fabrikgebäuden vorbei. Die alten Backsteinmauern bieten schon einmal einen schön rustikalen Hintergrund für die ersten Bilder.
Über die Katzenbuckelbrücke kommt Ihr dann auf die Mülheimer (Halb-)Insel, ein langgezogenes, relativ naturbelassenes Gelände mit großen Bäumen, einigen offenen Bereichen und einem teilweise recht breiten Kieselstrand.
Diese Location hat den Vorteil, dass Ihr im Prinzip die Auswahl zwischen einem urbanen Industrielook und einer naturnahen Umgebung direkt am Rhein habt, beides nur wenige Minuten Fußmarsch voneinander entfernt.
#4 Poller Wiesen und Südbrücke
Auch mein nächster Tipp befindet sich wieder auf der rechtsrheinischen Seite und ist eine meiner Lieblingslocations. Den meisten Kölnern sind die Rheinwiesen am Poller Hafen sicherlich ein Begriff. Bei schönem Wetter ist hier einiges los: Spaziergänger, Jogger, Fahrradfahrer, Inline-Skater – der Betrieb ist schon beachtlich. Aber das Gelände ist so weitläufig, dass man sich dabei nicht ins Gehege kommt und jeder sein Plätzchen findet. Wer ein wenig Lokalkolorit mit einfangen möchte, kann von hier aus sehr schön den Dom und die Kranhäuser des Rheinauhafens im Hintergrund mit ins Bild nehmen. Ebenfalls einen schönen Hintergrund bildet die Südbrücke, vor allem, wenn sie gegen Abend von der untergehenden Sonne beschienen wird. Die Brückenpfeiler sind großflächig mit Graffiti besprüht und eignen sich ebenfalls sehr gut als Hintergrund.
Auf der Südbrücke selbst kann man auch sehr gut fotografieren, allerdings muss man hier schon ein wenig Geduld mitbringen. Denn die Fußwege sind recht schmal und stark frequentiert. Fast zu jeder Tageszeit sind dort viele Menschen unterwegs, so dass es schwierig werden kann, eine Lücke zu erwischen, um ein paar Bilder zu machen. Es lohnt sich aber, denn die Stahlkonstruktion der Brücke ist reizvoll und bietet tolle Perspektiven. Die beiden Brückenaufgänge sind ebenfalls durch zahllose Graffiti verziert und bei tief stehender Sonne gibt es auch dort im Innern interessante Lichtstimmungen.
#5 Friedenspark
Im Prinzip könnt Ihr von der Südbrücke direkt zum Friedenspark weiterlaufen. Ihr müsst nur auf der linksrheinischen Seite direkt an der Brücke die Straße überqueren. Der Friedenspark ist eine recht kleine Anlage, die aber ein paar sehr interessante Spots zu bieten hat. Ihr findet dort einen tollen, bewachsenen Laubengang, lauschige Ecken, Treppen und urige Steinmauern.
Das Parken ist dort allerdings etwas schwierig, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Friedenspark aber gut zu erreichen. Wenn Ihr den Park mit der Südbrücke und den Poller Wiesen kombiniert, habt Ihr in relativ kurzer Entfernung ein paar tolle Fotolocations zur Verfügung.
#6 Schlosspark Stammheim
Jetzt geht es wieder auf die andere Rheinseite und ein ganzes Stück in Richtung Norden. Dort, am Rand einer eher unscheinbaren Wohnsiedlung, befindet sich der Schlosspark Stammheim. Dies ist nicht nur ein weitläufiger Park mit Grünflächen und schönen alten Bäumen, sondern man findet dort auch auf Schritt und Tritt interessante Kunstwerke. Seit 2002 beherbergt der Park eine umfangreiche Skulpturensammlung, deren Objekte sich sehr gut in eigene Fotos integrieren lassen.
Dazu kommen Elemente, die sich eigentlich immer gut eignen, wie alte Steintreppen und -Mauern. Zu guter Letzt habt Ihr vom Park aus auch direkten Zugang zum Rhein mit Bootsanleger.
Man kann dort also schon eine ganze Zeit verbringen und findet eigentlich auch immer abseits der Hauptwege ein ruhiges Eckchen.
#7 Park der Abtei Brauweiler
Nur wenige Kilometer von der westlichen Stadtgrenze Kölns entfernt befindet sich im gleichnamigen Örtchen die Abtei Brauweiler mit einem kleinen Park. Dort findet Ihr schöne alte Bäume und größere Freiflächen. Aber auch die Abtei und Kirche selbst sowie die dazugehörigen weiteren Gebäude bilden eine stimmungsvolle Kulisse.
Der Vorteil dieser Location: Es gibt genügend Parkplätze in unmittelbarer Nähe, so dass Ihr nicht weit laufen müsst. Mir persönlich ist der Park zwar fast ein wenig zu aufgeräumt, aber auch hier lassen sich ein paar nette Spots entdecken. Und wenn Ihr sowieso gerade auf der A4 oder A1 unterwegs seit, kommt Ihr fast direkt dran vorbei. Dann lohnt sich ein Abstecher auf jeden Fall.
Was sind Deine Location-Tipps in Köln?
Wo gehst Du gerne hin, wenn Du spontan ein paar Fotos von Freund, Freundin, Kinder, Wen-Auch-Immer machen möchtest? Hast Du auch ein paar Spots, die universell geeignet sind und irgendwie immer gehen? Oder reicht Dir der kleine Park um die Ecke? Es würde mich interessieren, wie Ihr es so handhabt – die Kommentare sind geöffnet…
6. August 2021 Author Bernard
Super Empfehlungen! Den Forstbotanischen Garten, die Mülheimer Insel und die Südbrücke/Südstadt empfehle ich auch immer an meine Kunden weiter. Das sind wirklich super Orte, an denen man Fotos machen kann. An der ein oder anderen Ecke in Ehrenfeld kann man auch super Fotos von oder mit Street-Art machen. Viele Grüße 🙂
7. August 2021 Author Stefan
Hallo Bernard, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, in der Tat hat Ehrenfeld auch interessante Ecken. Hoffen wir mal, dass es noch lange so bleibt…
11. Mai 2024 Author Wo steht die Sonne? - Stefan Wiede Fotograf aus Bonn
[…] ambitionierten Fotografen natürlich höchst interessant, wie wohl die Lichtverhältnisse an der gewählten Location zum geplanten Zeitpunkt sein werden. Liegt die coole Steinmauer schon im Schatten oder habe ich […]