Anfang diesen Jahres habe ich – regelmäßige Besucher werden sich vielleicht erinnern – auf meiner Facebook-Seite eine kleine Verlosung veranstaltet. Der Preis war ein kostenloser Portraitshoot, teilnehmen konnten Sportler*innen aus dem Raum Köln-Bonn. Am 23. Februar endete die Teilnahmefrist und die Gewinnerin stand stand fest: Celine Zimmermann aus Bonn, Sportart Irish Dance.
Irish Dance – Komplettes Neuland
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich zuvor nur sehr wenig mit Tanzsportarten beschäftigt hatte, und Irish Dance hatte ich bisher lediglich in Verbindung mit der Riverdance-Truppe Ende der 1990er Jahre und den Lord of the Dance-Shows in Erinnerung. Also hieß es erst einmal, etwas Recherche zu betreiben und Fotos und Videos zu sichten, um einen Eindruck der Sportart zu bekommen.
Dabei wurde mir sehr schnell klar, dass es sich um eine sehr anspruchsvolle Tanzart handelt, die perfekte Körperbeherrschung und große Beweglichkeit erfordert. Was einem Außenstehenden allerdings als allererstes auffällt, ist das extrem aufwendige Outfit der Tänzerinnen, bestehend aus bunten, glitzernden Kleidern und auffallende Frisuren.
Es stellten sich mir viele Fragen, die mir aber schon bald kompetent beantwortet werden sollten. Denn schließlich ist Celine im Irish Dance sehr professionell unterwegs und hat im April 2019 sogar den Weltmeistertitel der World Irish Dance Association (WIDA) in der Altersklasse U23 gewonnen.
Wir brauchen ein Konzept
Also nahm ich Kontakt mit Celine auf und wir verabredeten uns zu einem Kennenlern- und Vorbereitungsgespräch in einem Bonner Café. Solch ein Treffen im Vorfeld des eigentlichen Fototermins finde ich extrem wichtig und hilfreich und ich versuche es, soweit möglich, vor allen größeren Shootings einzurichten. Man sitzt dann bei einer Tasse Kaffee zusammen, quatscht über Gott und die Welt, lernt sich ein wenig kennen und kann in aller Ruhe die wesentlichen Punkte des Shoots klären: Das Wo und Wann, welche Art von Bildern gemacht werden sollen, welches Outfit passend ist, ob zusätzliche Helfer gebraucht werden (z.B. für die Frisur oder einfach nur zum Klamottenschleppen), Fragen zum Vertrag klären und vieles mehr.
Mir hilft es sehr dabei, mich auf das Shooting vorzubereiten, und ich finde es äußerst beruhigend zu wissen, dass die wesentlichen Fragen geklärt sind. Auch für die zu fotografierenden Person ist es meist sehr angenehm, sich auch schon vor dem Fototermin einmal mit dem Thema zu beschäftigen. Denn die meisten Menschen, die ich fotografiere, stehen das erste Mal vor der Kamera und fühlen sich in der Rolle des „Models“ erst einmal nicht besonders wohl. Sie sind unsicher und haben viele Fragen. Nach unserem Vorgespräch gehen sie dann aber schon wesentlich entspannter an die Sache heran.
Bei meinem ersten Treffen mit Celine ging es im Wesentlichen darum, wie wir Ihre Sportart portraitieren wollen. Wir hatten ziemlich schnell die Idee, eine zweigeteilte Serie zu fotografieren: Die erste Hälfte in einem normalen Trainingsoutfit, die zweite Hälfte dann so, wie sie auch bei Wettbewerben zu sehen ist – mit Kleid, Perücke und allem Drum und Dran.
Kontraste sind spannend
Darüber, wo das Ganze stattfinden sollte, mussten wir ein wenig länger nachdenken. Auf jeden Fall fanden wir beide die Idee reizvoll, eine für den Sport untypische Kulisse zu wählen, also nicht in die Tanzschule oder Sporthalle zu gehen. Stattdessen einigten wir uns auf das Gelände rund um die Kölner Südbrücke. Dort gibt es vielfältige Möglichkeiten – von abgerockten Graffitiwänden bis hin zur klassischen Parkanlage. Gerade den krassen Kontrast zum showmäßigem Bühnenoutfit fanden wir extrem spannend. Dass dies aber auch bedeutete, dass Celine sich zwischendurch irgendwo im Park umziehen und umstylen musste, sah sie glücklicherweise nicht als Problem an.
Als Zeitpunkt legten wir den späten Nachmittag fest, da ich mir dann angenehmes Fotolicht erhoffte. Auf den zarten Hinweis, dass sie aber ruhig mehrere Stunden Zeit mitbringen sollte, reagierte Celine ebenso gelassen wie auf die Sache mit dem Umziehen im Park: „Klar, kein Problem!“ Wunderbar, also Kalender gecheckt und sowohl Datum als auch Alternativtermin festgeklopft. Ich liebe es, wenn Planungen so unkompliziert verlaufen.
Dann kam Covid-19 mit allen hinlänglich bekannten Einschränkungen. Damit war an ein Fotoshooting erst einmal nicht mehr zu denken. Am Tag unseres ursprünglich vereinbarten Termins war absolut geniales Frühlingswetter mit Sonnenschein und für die Jahreszeit sehr angenehmen Temperaturen. Sehr ärgerlich, aber nicht zu ändern. Außerdem handelt es sich beim Verschieben eines Fotoshootings eher um ein Luxusproblem.
Start mit Verspätung
Dann, am vergangenen Samstag, war dann doch endlich soweit: Die Kontakteinschränkungen waren gelockert und das Wetter zeigte sich wieder von seiner besten Seite. Zwar mussten wir auf eine dritte Person verzichten (die wir eigentlich ganz gut als helfende Hand hätten gebrauchen können), Celine nahm dies aber wieder mit der mir bereits bekannten Gelassenheit und schleppte ihre schwere Tasche kurzerhand selbst über die Südbrücke.
Wie besprochen starteten wir rechtsrheinisch und arbeiteten uns langsam über die Brücke bis zum Friedenspark vor. Wir machten eine ganze Reihe Bilder – teilweise klassische Portraits aber auch Fotos in Bewegung und in typischen Tanzposen. Da wir den selben Weg ja im Show-Outfit zurückgehen würden, hielten wir auch schon einmal Ausschau nach geeigneten Spots für den zweiten Teil der Serie.
Die Verwandlung
Irgendwann waren fast zwei Stunden vergangen und wir beschlossen, dass es an der Zeit wäre, den zweiten Teil anzugehen. Dazu suchten wir uns ein einigermaßen ruhiges Plätzchen – soweit dies an einem sonnigen Frühlingssamstag in Köln möglich ist – und Celine begann, ihre Riesentasche auszupacken. Zum Vorschein kamen jede Menge Schminkutensilien, die ich teilweise nicht einmal benennen kann: Haarfärbespray, ein Klebestift, eine schwarze Perücke und natürlich – das Kleid. Ein wahnsinnig aufwendig gearbeitetes Teil, unerwartet schwer und extrem empfindlich.
Ich kann nicht genau sagen, wie lange die Verwandlung gedauert hat, vielleicht waren es 20 Minuten. Danach stand aber eine komplett andere Celine vor mir, fast nicht wiederzuerkennen…
Schon verrückt, oder?
Auf in Runde zwei
Mittlerweile waren neben den normalen Spaziergängern, Boule-Spielern und Sonnenanbetern auch noch ein Brautpaar samt Fotograf und ein Filmteam in dem relativ kleinen Park unterwegs. Daher war es nicht ganz einfach, relativ ungestörte Spots für Fotos zu finden. Anfangs hatten wir zusätzlich noch die Befürchtung, dass das ungewöhnliche Outfit meiner Begleiterin jede Menge ungebetener Zuschauer anlocken würde. Aber nichts dergleichen. Das ist nunmal Köln: Um hier aufzufallen, muss man sich wahrscheinlich schon etwas sehr Extremes einfallen lassen. Umso besser.
Also ging es allmählich wieder zurück zum Ausgangspunkt. Wiederum mit mehreren Fotostopps auf der Brücke und am Rheinufer der Poller Wiesen. Letztendlich waren wir rund dreieinhalb Stunden unterwegs. Das Ganze mit nur wenigen Pausen, abgesehen von der Stylingaktion, die aber wohl nur für mich erholsam war…
Auch im Nachhinein bin ich immer noch erstaunt, wie unterschiedlich die Bilder des ersten und zweiten Teils wirken. Es sind scheinbar zwei komplett verschiedene Personen mit unterschiedlicher Wirkung, auch im Zusammenspiel mit der Umgebung. Vor allem der extreme Bruch des Show-Outfits zur Location macht meiner Meinung nach den speziellen Reiz dieser Fotos aus. Ich finde so etwas immer extrem spannend und es bietet jede Menge kreative Impulse.
Mir hat das Shooting sehr viel Spaß gemacht und ich habe wieder einmal viel über eine mir bis dato unbekannte Sportart gelernt.
Falls Du auch einmal eine individuelle Fotoserie von Dir haben möchtest, melde Dich einfach bei mir. Dann können wir gemeinsam besprechen, wie wir Dich am besten in Szene setzen können. Meine Kontaktdaten findest Du hier.
18. März 2021 Author Annika Kriesbach
Tolle Tanzfotos. Ich bin auch eine erwachsene Irish Dancerin aus Süddeutschland. Tanze auch schon 22 Jahre.
18. März 2021 Author Stefan
Hallo Annika,
freut mich, dass Dir die Bilder gefallen. Leider hatte ich bisher immer noch nicht die Gelegenheit, Irish Dance einmal live zu erleben. Es steht aber weiterhin auf meiner To-Do-Liste…
21. November 2021 Author Portraitsession mit Celine - Stefan Wiede
[…] eine oder die andere erinnert sich vielleicht noch an meinen Blogbeitrag über Celine, die 2020 eine Sportportrait-Fotosession bei mir gewonnen hatte. Damals lag der Schwerpunkt ja […]