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Bullshit-Bingo für Fotografen – Zusammenfassung

Bullshit-Bingo für Fotografen – Zusammenfassung

Wer meine Beiträge auf Facebook verfolgt, hat mit Sicherheit meine kleine Serie Bullshitbingo für Fotografen bemerkt. Hier habe ich ein paar typische Sprüche oder Bemerkungen gesammelt, die man als Fotograf immer mal wieder zu hören bekommt und die einem irgendwann ganz schön auf die Nerven gehen. Das ist sicherlich nicht immer böse gemeint, aber manchmal hat man schon den Eindruck, dass einen jemand für dumm verkaufen will. Was ich bisher so an Feedback auf meine Posts bekommen habe zeigt zudem recht deutlich, dass ich nicht alleine mit meiner Einschätzung bin.

Ich liste hier nochmal gesammelt alle Sprüche auf und versuche zu erklären, warum sie Bullshit sind.

„Wir können Dir jetzt leider nichts bezahlen, aber beim nächsten Projekt gibt’s ein Budget für den Fotografen und dann bist Du auf jeden Fall dabei!“

Gerade als Einsteiger, der die ersten bezahlten Aufträge an Land zu ziehen versucht, hört man diesen Spruch regelmäßig. Klingt im ersten Augenblick ja auch gar nicht so schlecht. Schließlich wird Dir ja überall erzählt, dass man erst einmal kräftig investieren muss in Geld, Zeit und Arbeit (dieses Blut-Schweiß-und-Tränen-Ding – Du weißt schon), um dann irgendwann später die Früchte seiner Arbeit ernten zu können. Das ist grundsätzlich ja auch richtig, daher ist es gerade am Anfang sehr verlockend, auf das Angebot einzugehen. Na komm, diesen einen unbezahlten Auftrag, und vielleicht kommt dann in Zukunft ja wirklich was Interessantes dabei rum.

Ich würde nicht darüber schreiben, wenn ich nicht auch genau das gedacht und getan hätte. Mehrfach. Richtig viel Zeit und Mühe investiert, um auch richtig gute Arbeit abzuliefern. Die auch gerne angenommen und ausführlich gelobt wurde. Und jetzt die spannende Frage, wieviele bezahlte Folgeaufträge sich daraus ergeben haben. Ich mach’s kurz: Nullkommanull. Nicht ein einziger.

Vielleicht waren meine gelieferten Ergebnisse doch nicht gut genug und es hat sich aus diesem Grund nichts Weiteres daraus ergeben. Kann ja sein. Aber die Tatsache, dass dieses Angebot immer wieder in gleicher Form auftaucht und im Prinzip alle Anfänger dasselbe erleben, hat mich zu ziemlich schnell zu der Überzeugung gebracht, dass es sich um eine gängige Masche handelt. Warum auch nicht? Sie funktioniert doch für die Auftraggeber einwandfrei, denn sie werden wenn sie lange genug suchen beim nächsten Projekt wieder einen Doofen finden, der’s umsonst macht. Wieder mit dem Versprechen: Beim nächsten Mal… Bullshit halt.

„Ich bräuchte ein paar neue Bilder für meine Business-Website und habe schon konkrete Vorstellungen. Können wir das als TfP machen? Ich schreib‘ auch Deinen Namen drunter!“

Vielleicht als Vorbemerkung, falls Du mit der Abkürzung TfP nichts anfangen kannst. TfP steht für „Time for Pictures“, also im Prinzip ein Deal zwischen Fotograf und Model, bei dem kein Geld gezahlt wird, sondern beide die Fotos für eigene Zwecke nutzen können. Beispielsweise der Fotograf für sein Portfolio und das aufstrebende Nachwuchsmodel für die eigene Sedcard. Die Idee dahinter ist also letztendlich ein Deal, von dem beide Seiten gleichermaßen profitieren.

Aber auch hier wittern wieder einige gewiefte Zeitgenossen eine Chance, kostenlos an Fotos zu kommen. Mit der Frage „Können wir das als TfP machen?“ wird nämlich genau das versucht, wobei der eigentliche Zweck der TfP-Regelung extrem einseitig ausgelegt wird. Vor allem, wenn die Fotos für kommerzielle Zwecke genutzt werden sollen. In der Kurzfassung bedeutet die Frage also: „Ich brauche Fotos, um damit Geld zu verdienen, will selbst aber nichts dafür bezahlen. Außerdem will ich bestimmen, was für Bilder wir machen.“ Es wird also versucht, eine klassische Dienstleistung für lau zu bekommen, die normalerweise gerne mehrere hundert Euro kosten würde.

Lache nie über die Dummheit der anderen. Sie ist deine Chance.

Winston Churchill


Der Vorschlag, als großzügige Gegenleistung den Namen des Fotografen unter das Bild zu setzen, macht das Ganze übrigens kein Stück besser. Denn, mal ehrlich: Wer interessiert sich für den Namen des (in der Regel unbekannten) Fotografen unter einem Bild? Auf einer Business-Website? Kein Mensch, und ich behaupte mal, dass es für den Fotografen absolut keinen Nutzen hat. Wenn es sich um ausdrucksstarke Portraits oder besonders künstlerische Bilder handeln sollte, könnte ich es mir schon eher vorstellen. Aber auf einer geschäftlichen Website? Niemals.

„Die Kamera, mit der Sie fotografieren, hatte ich auch mal. Hab‘ mir dann aber das Folgemodell geholt – die macht viel geilere Bilder!“

Dieser Spruch gehört eher zur harmloseren Sorte und ist meistens auch überhaupt nicht böse gemeint, kann aber trotzdem irgendwann nerven. Meistens wird er von älteren, etwas angedickten Männern (ich darf das sagen, gehöre ja schließlich mittlerweile auch dazu) geäußert und stellt den Versuch dar, in ein Gespräch über Kameratechnik einzusteigen. Diese Menschen investieren in der Regel ein Vermögen in ihr Hobby die Fotografie und sind viel mehr an deren technischer als der kreativen Seite interessiert. Das ist im Grunde ja gar nicht schlimm. Schließlich lebt die Fotobranche zu großen Teilen von diesen Kunden und Leute wie ich haben immer mal wieder die Chance, gebrauchte Ausrüstung, die einen Großteil ihrer ohnehin kurzen Nutzungszeit in der Vitrine verbracht hat und optisch von Neuware nicht zu unterscheiden ist, zu einen günstigen Preis zu erstehen.

Mich nerven einfach Diskussionen über Fototechnik, vor allem mit Leuten, die zig Fotozeitschriften abonniert und sämtliche Testberichte auswendig gelernt haben. Meine Kamera ist ein Werkzeug, und solange sie das tut was sie soll, ist mir der Rest egal. Ehrlich gesagt kann ich auf Anhieb noch nicht einmal sagen, welche Auflösung der Sensor meiner aktuell genutzten Kameras hat. Sie ist hoch genug, mehr will ich gar nicht wissen.

Der zweite Punkt, der mich an solchen Aussagen eigentlich noch viel mehr nervt, ist der Glauben, dass die Kamera allein für die Qualität der Fotos verantwortlich ist. Ok, das kommt natürlich darauf an, was man unter Qualität versteht. Wem es rein auf die Auflösung und meinetwegen Rauscharmut ankommt, mag durchaus eine Qualitätssteigerung bei einem neuen Kameramodell feststellen, wenn es sich seine genormten Testbilder bei 200% am Monitor anschaut. Auch sind manche Features wie hohe Serienbildgeschwindigkeit oder interne Bildstabilisierung für spezielle Anwendungsgebiete durchaus von Bedeutung. Wer aber ganz normal fotografiert, dürfte keinen wesentlichen Unterschied feststellen. Nebenbei bemerkt sind diese Leute ja kurioserweise in der Regel auch keine, die Formel1 oder Rockkonzerte fotografieren, sondern interessieren sich eher für das Steinhuder Meer und die Dorfkirche bei Sonnenuntergang.

Absehen davon macht eine neue Kamera mit Sicherheit keine geileren Bilder. Sie macht nämlich, wie alle Kameras, von alleine gar keine Bilder. Ohne einen Fotografen macht sie eigentlich überhaupt nichts. Ich wollte jetzt eigentlich nicht den abgedroschenen Spruch wiederholen, nach dem der Fotograf die Bilder macht und nicht die Kamera – aber er stimmt einfach.

„Zahlen kann ich Dir nichts für die Bilder, aber ich habe ein super Netzwerk, da werde ich Dich auf jeden Fall weiterempfehlen!“

Du kannst gerne einmal versuchen, diese Methode auf Deinen nächsten Frisörbesuch zu übertragen. „Ich kann den Haarschnitt zwar nicht bezahlen, kenne aber total viele Leute, die auch Haare haben. Denen werde ich Ihren Salon wärmstens an Herz legen!“ Viel Erfolg dabei.

Schon verrückt, dass dieser Vorschlag Fotografen und anderen Kreativen ernsthaft gemacht wird. Und das gar nicht mal so selten. Das geht ganz stark in die Richtung des ersten Bullshit-Spruchs, denn auch hier wird die Hoffnung auf attraktive Folgeaufträge ausgenutzt.– Die natürlich niemals kommen.

Abgesehen davon: Falls es tatsächlich zu einer Weiterempfehlung kommen sollte, wie würde diese wohl aussehen? „Ich kenne da eine tolle Fotografin, die macht super Arbeit und ist Ihr Geld wert!“, oder vielleicht eher „Ich kenne da jemanden, der hat tolle Fotos gemacht und ich brauchte noch nicht einmal was zu bezahlen. Den würde ich mal fragen!“ Ich habe da so eine Vermutung…

„Vielen Dank für das schöne Foto. Für Insta habe ich den Retro-Glamour-Beauty-Filter drübergelegt. Habe schon voll viele Likes!“

Zugegeben, dies ist kein wirklicher Bullshit-Spruch, aber trotzdem einer, der jeden Fotografen bis ins Mark trifft. Warum das? Sind doch nur ein paar Filter…

Mit den entsprechenden Filtern ist selbst der Verfasser dieses Blogs nicht mehr zu erkennen. Das birgt auch Chancen.
LOL
#maxfilter #i #inspo

Dazu musst Du wissen, dass Fotografen und Fotografinnen wie eigentlich alle Kreative ziemlich empfindlich darauf reagieren, wenn ihre Werke verändert werden, ausser natürlich wenn dies von vornherein so vereinbart ist (wie beispielsweise bei gewissen CC-Lizenzen). Doppelt schlimm ist es, wenn es in einer Weise geschieht, mit der ich als Fotograf nicht einverstanden bin und die meinem Stil widerspricht. Dreifach schlimm ist es, wenn dann – vielleicht sogar in guter Absicht – mein Name drunter steht oder darauf verlinkt wird und ich direkt mit dem verunstalteten Bild in Verbindung gebracht werde. Bitte macht das nicht! Nicht bei mir und auch bei keinem anderen Fotografen.

Wenn Ihr meint, dass Ihr ein Foto, das von einem Fotografen oder einer Fotografin gemacht wurde, bearbeiten und dann veröffentlichen wollt, dann fragt, ob Ihr das dürft. Die meisten Nutzungsrechte sehen dies nämlich nicht vor, und abgesehen von der rechtlichen Problematik ist es auch einfach nicht nett, so etwas ohne Nachzufragen zu machen. Wir geben uns sehr viel Mühe bei der Erstellung eines Bildes, nicht nur beim Fotografieren an sich, sondern auch in der Nachbearbeitung, damit es unseren Ansprüchen und den Wünschen des Models oder Auftraggebers entspricht. Dafür haben wir uns viele viele Stunden mit unterschiedlicher Software beschäftigt, Workshops besucht, uns tagelang Online-Tutorials reingezogen und uns mühsam einen effizienten Workflow und irgendwann auch einen eigenen Stil erarbeitet. Die Ergebnisse dieser Mühen dann mit einem oder gleich mehreren 08/15-Filtern zugekleistert zu sehen ist einfach grausam.

So, das soll’s jetzt aber auch gewesen sein mit meiner kleinen Sammlung häufig gehörter Bullshit-Sprüche aus der Welt der Fotografie. Man kann sich ja nicht immer nur aufregen. Trotzdem: Falls Du jetzt auch einen dieser Sprüche im Kopf hast, schreibe ihn gerne in die Kommentare. Vielleicht gibt es dann ja irgendwann eine Fortsetzung…

Meinungen dazu 1 Kommentar

13. Januar 2023 Justus

O ja, die kenne ich alle nur zu gut! Eine schöne Sammlung und unterhaltsame Erklärungen 🙂

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